Winter heißt für viele, Kälte und Schnee mit Plätzchen und Tee oder schlimmer noch Glühwein zu trotzen und den Puls nur beim Blick auf die Waage in die Höhe zu treiben. Als Radfahrer versucht man sich dem zu widersetzen, in dem man – je nach Toleranzschwelle der Mitbewohner im Wohnzimmer oder im Keller – auf einem Rollentrainer genau wie der weihnachtliche Festtagsbraten im eigenen Saft schmort.

Leider gibt es so ungefähr überhaupt nichts Eintönigeres als „Rolle fahren“. Hat man sich dann noch aus Gründen der Vernunft für ein günstiges Modell entschieden, das eine halbwegs brauchbare Bremsleistung erst bei Betriebsgeräuschen ähnlich denen eines startenden Flugzeugs erreicht, geht man im Kampf gegen den inneren Schweinehund oft leer aus. Aber lohnt es sich, den Geldbeutel bis ans andere Ende der Preisskala zu öffnen?

Dieser Frage will ich mit dem Topmodell von Elite nachgehen, dass den einprägsamen Namen RealPower CT Internet Wireless trägt. An dieser Stelle werde ich bloß erste Eindrücke schildern, ein wirklicher Test wird folgen, sobald ich einige Trainingseinheiten absolviert habe.

Tacx i-Genius oder Elite RealPower CT Internet Wireless?

Zunächst einmal sind klassische Ergometer wegen der Unhandlichkeit und freie Rollen wegen der geringen Bremsleistung durch mein Raster gefallen. Am Ende sind bei meinen Kriterien die beiden Topgeräte Tacx i-Genius und Elite RealPower CT Internet Wireless übrig geblieben. Ich habe mich auf die Angaben der Hersteller verlassen müssen, denn Tests dieser Preisklasse gibt es quasi keine. Wenn überhaupt wird ein solches Gerät kurz vorgestellt und ein bisschen bejubelt, aber einen echten Vergleich sucht man vergeblich. Auch der von mir sehr geschätze DCRainmaker hat als teuerstes Modell „nur“ den Tacx Bushido getestet. UPDATE: Zwischenzeitlich hat DCRainmaker den i-Genius in Betrieb, da wird man wohl demnächst noch etwas mehr lesen können.

Die Software-Funktionen scheinen recht ähnlich zu sein, auch das Angebot an Touren ist für beide Systeme groß. Tacx bietet virtuelle Strecken an, empfiehlt dafür in der aktuellen Softwareversion aber auch gleich mal einen Core i7 mit 3GHz und 8GB RAM – das würde auf meinem alten Laptop dann eher nach Super Mario auf dem Gameboy als nach virtueller Realität aussehen. Eine Online-Demo der Software mit einem simulierten Trainer wäre natürlich super, um die Bedienbarkeit zu testen, aber angesichts der nicht durchgängig oder schlecht ins Deutsche übersetzten Webseiten der beiden Kontrahenten bleibt das wohl ein zu großer Wunsch.

Für mich war neben den zu hohen Anforderungen der Tacx-Software letztlich ausschlaggebend, dass der Elite die höhere Bremsleistung hat. Warum das auch für Hobbybiker wie mich interessant ist, lohnt sich in einem eigenen Beitrag zu betrachten. Darüber hinaus scheinen mir die Elastogel-Kunststoffrolle und die gefederten Ritmo-Standfüße für Geräuschentwicklung und Fahrgefühl einen Vorteil zu bieten.

Verpackung

Der Umkarton lässt sich zerstörungsfrei öffnen und für spätere Nutzung auch wieder ohne Klebeband verschließen. Der Platz wird gut ausgenutzt, daher wackelt auch ohne zusätzliches Verpackungsmaterial nichts. Einzig die schwere Bremseinheit ist zum Schutz der Welle mit Styropor geschützt, ansonsten finden sich wenige Plastikbeutel und kleinere Pappkartons in der Verpackung. Man muss also nicht wie bei vielen anderen Geräten nach dem Entpacken erstmal zum Wertstoffhof fahren.

Lieferumfang

Ich will nicht im Einzelnen aufzählen, was alles dabei ist. Das sieht man auch ganz gut auf diesem Foto:

Neben einem Fahrrad braucht man also zusätzlich höchstens einen Slick für das Hinterrad und eventuell eine rutschsichere und schweißfeste Unterlage – letztere hat Elite im Programm und könnte sie angesichts des Preises meiner Meinung nach durchaus dazupacken. Wer statt der beweglichen Ritmo-Standfüße lieber herkömmliche feste Füße möchte, findet auch diese im Lieferumfang.

Erwähnenswert finde ich noch, dass die fünf mitgelieferten DVDs aus dem normalen Tourenprogramm entnommen sind und es sich nicht um Test- oder Sparversionen handelt. Dies steht ganz im Gegensatz zu Tacx, wo weder DVDs noch Brustgurt für die Pulsmessung mitgeliefert werden.

Montage

Die Anleitung ist stellenweise holprig übersetzt, aber ausführlich und mit vielen Bildern versehen. Neben dem mitgelieferten 5er Inbus werden noch ein kleiner Kreuzschraubendreher, ein 7er und ein 13er Maulschlüssel benötigt. Es empfiehlt sich, das Erdungskabel an die Bremseinheit zu montieren, bevor man sie an den Rahmen schraubt. Was die fummelige Montage dieses Kabels vermuten lässt, bestätigt das lose Einlegeblatt in der Anleitung: Hier wurde wohl nachgebessert. Nichtsdestotrotz ist der Zusammenbau keine Raketenwissenschaft, im Zweifelsfall schadet aber für die schwere Bremseinheit eine helfende Hand nicht.

Bei der Montage des Rades, in meinem Fall ein Stahl-MTB mit üblicher 135mm-Hinterbaubreite und recht dünnen Ausfallenden, stellt sich der mitgelieferte Schnellspanner als viel zu breit heraus. Mit der vorher montierten Mounty Special Spannachse passt der Verstellbereich, aber ob das Hinterrad damit auch fest sitzt wird sich zeigen. UPDATE: Anscheinend hatte ich den Verstellbereich noch nicht ganz ausgereizt, denn nachdem die Mounty Special Spannachse das Rad nicht sicher halten konnte habe ich nun erfolgreich den Originalspanner verwendet.

Exakt mittig lässt sich das Rad nicht auf der Rolle montieren, das stört mich angesichts der sehr breiten Lauffläche der Elastogelrolle aber nicht. In einem Punkt unterscheidet sich auch der RealPower nicht von anderen Rollentrainern: Räder mit Steckachse am Hinterrad lassen sich nicht montieren.

Die Lenkereinheit lässt sich sowohl an Lenker als auch Vorbau montieren, die Gummibänder reichen auch für größere Durchmesser. Die Kabel für die Lenkereinheit und den Trittfrequenzsensor sollten auch bei sehr großen Rädern absolut ausreichend sein.

Erster Eindruck – Trainer

Es drängt sich nach Zusammenbau vor allem eine Frage auf: Warum zum Teufel heißt dieses Ding „Wireless“? Erwartet man von einem italienischen Hersteller Ferrari-artiges Design, so präsentiert sich der RealPower im montierten Zustand eher wie ein DeLorean mit Fluxkompensator:

Erdungskabel zwischen Rahmen und Bremseinheit, Kabel zur Lenkereinheit, Kabel zum Trittfrequenzsensor, Netzkabel – da würde es auf ein USB-Kabel von der Lenkereinheit zum Rechner auch nicht mehr ankommen. Im Nachhinein fällt mir auf, dass selbst auf einem Bild mit montiertem Rad im Datasheet-PDF auf der Elite-Webseite keine Kabel an der Bremseinheit angeschlossen sind.

Das kann Tacx besser, hier ist die Lenkereinheit wirklich „Wireless“ und einen externen Trittfrequenzsensor braucht man nicht, da anscheinend die Bremse aus der Schwankung der Leistung über eine Kurbelumdrehung die Kadenz messen oder berechnen kann. Mit dem Bushido, den man per Upgrade-Kit auch zum i-Bushido mit gleichen Softwarefunktionen wie beim i-Genius aufrüsten kann, fällt sogar noch das Netzkabel weg. Da trifft die Bezeichnung „Wireless“ dann auch wirklich zu.

Der solide Aufbau mit großer Stützbreite der Füße (Gesamtbreite rund 67cm) und das hohe Gewicht machen Hoffnung auf ein ruhiges und stabiles Fahrgefühl. Allerdings muss man sich im Klaren sein, dass man die ganze Geschichte wegen Gewicht und Verkabelung nicht mal eben zur Seite räumen kann. Achtung liebe Vielschwitzer: Die Lenkereinheit ist nicht wasserdicht!

PC-Installation

Die Aufbau- und Bedienungsanleitung besteht zu gefühlt 50% aus dem Hinweis, das USB-Dongle erst nach Installation der Software einzustecken. Ich schätze, daran sollte man sich also halten. Die Installation ist unspektakulär und dauert nur wenige Minuten. Es wird getestet ob der PC die Mindestanforderungen erfüllt und ein neuer Benutzer angelegt. Das sollten auch weniger geübte Nutzer schaffen.

Danach darf man endlich das USB-Dongle einstöpseln. Es installiert sich selbst und sucht nach der Lenkereinheit. Im Idealfall findet es sie direkt, bei mir war das nicht der Fall. Nach einigem Neustarten, Trainer Aus- und Einstecken und weiteren Verbindungsversuchen fiel mir auf, dass das Dongle laut RealPower-Software auf COM3 gefunden wurde, ein Blick in den Gerätemanager verriet mir aber dass es auf COM7 installiert wurde, weil COM3 schon vergeben war. Nach dem Abändern dieser Einstellung im Gerätemanager auf COM3 (was eventuell zur Folge hat dass irgendein anderes USB-Gerät mit virtuellem COM-Port nun nicht mehr funktionieren wird) wurde die Lenkereinheit beim nächsten Versuch auf Anhieb gefunden. Dieses Verhalten, stur auf einen bestimmten COM-Port zu bestehen und nicht automatisch den richtigen zu erkennen ist meiner Meinung nach durchaus problematisch für den weniger versierten Nutzer.

Im Anschluss habe ich die 5 mitgelieferten Strecken installiert. Die gewünschte Maßeinheit muss während der Installation ausgewählt werden, wobei standardmäßig „Miles“ angekreuzt ist. Es werden aber beide Dateien auf den Rechner kopiert, es lässt sich also vermutlich auch nachträglich ändern. Der Speicherort liegt voreingestellt auf C. Wer auf seinem Systemlaufwerk nicht genug Platz hat (ca. 2,5-3GB pro Video), kann natürlich einen anderen Speicherort auswählen. Das Programm erstellt im ausgewählten Ordner immer einen Unterordner „Videos“, also nicht wundern.

Die Videos sind normale AVI-Dateien ohne Tonspur im Format 720×576 oder 640×480 und können auch außerhalb des Programms angesehen werden, die Informationen für die RealPower-Software stecken in zwei Dateien mit proprietärem Format. Die Originalgeschwindigkeit ist recht schnell, die beiden Videos die ich mir testweise kurz angesehen habe sind jeweils ca. 30 Minuten lang für eine etwa 10km lange Steigung. Da wird man ganz schön keulen müssen, damit sich die Tour-de-France-Fans am Rand nicht in Zeitlupe bewegen 😉

Erster Eindruck – Software

Erwartet man von einem italienischen Hersteller Ferrari-artiges Design, so präsentiert sich… oh, ich wiederhole mich. Nein, ernsthaft: Die Software fügt sich nahtlos in das Bild ein, das Webseite, Bedienungsanleitung und der Trainer bisher hinterlassen haben. Es wirkt alles bisweilen etwas unfertig, scheint aber im Großen und Ganzen zu funktionieren.

Anscheinend gibt es keine Möglichkeit, in der Software einfach mal loszufahren und dann zwischendurch manuell die Leistung zu verstellen. Dies scheint nur möglich zu sein, wenn man den Trainer ohne PC nutzt – immerhin erfreulich, dass das funktioniert. Man kann natürlich aus einem der zahlreichen vorprogrammierten Profile wählen, selbst eines zusammenstellen mit unterschiedlicher Höhe, Steigung oder Leistung in frei wählbaren Zeit- oder Distanz-Blöcken oder innerhalb des Programms in Google Earth eine Strecke zusammenklicken, deren Höhendaten dann zur Leistungssteuerung verwendet werden während man sich als Symbol über die Straßenkarten oder Satellitenbilder bewegt. Bei Tacx muss man für diese Google-Funktionen übrigens mittlerweile eine Lizenz für 30 Euro pro Jahr extra kaufen.

Es lassen sich auch  GPS-Dateien in verschiedenen Dateiformaten importieren, was ich mit einer kurzen CTF-Runde gleich getestet habe. Das funktioniert wunderbar, eine kleine Warnmeldung besagt dass alle Steigungen über 20% auf 20% gesetzt wurden und schon ist man fertig. Auch hier wird die Leistung durch die Höhendaten eingestellt, eine Kartendarstellung gibt es aber anscheinend leider nicht.

Zu den Leistungstests und den Internetrennen gegen andere RealPower-Nutzer kann ich noch nichts sagen, das werde ich in den nächsten Tagen und Wochen ausprobieren. Auch hier sei erwähnt, dass eine Multiplayer-Jahreslizenz bei Tacx 40 Euro kostet. Falls jemand das nutzt, würde mich interessieren, ob man hier auch Rennen auf eigenen Strecken gegen andere fahren kann – bei Elite ist das möglich.

Beim Herumprobieren hängte sich die Software mehrfach auf, zudem habe ich es geschafft eine französische Fehlermeldung zu erhalten – interessant für ein italienisches Programm, das auf deutsch eingestellt ist. Die Software lässt sich kostenlos updaten, die neuste Version ist für Ende Oktober November Dezember angekündigt – ich bin gespannt.

Erstes Fazit

Angesichts des Preises ist der erste Eindruck ein bisschen zwiespältig. Optisch ist wegen der ganzen Verkabelung noch Luft nach oben, ebenso darf dem Programm gerne noch mehr Aufmerksamkeit zu Teil werden. Software kann man allerdings updaten und das Aussehen ist außer in einem durchgestylten Wohnzimmer dann irgendwie doch nicht so entscheidend, zumal wenn wie bei mir ein ziemlich altes Rad montiert ist. Im folgenden Praxistest muss daher die „Hardware“ liefern, was sie verspricht: Moderater Geräuschpegel dank starker Bremse und Elastogel-Rolle sowie Wiegetrittfähigkeit dank der Ritmo-Füße.

Ihr könnt gerne Fragen zum Gerät oder zur Software stellen, ich versuche sie dann direkt oder im Beitrag zum Praxistest zu beantworten. Diesen will ich vor Weihnachten noch fertigstellen. Gern gesehen sind auch Erfahrungswerte zum i-Genius, eine Gegenüberstellung der wichtigsten Eigenschaften wäre eine schöne Ergänzung.

5 Kommentare zu “Ausgepackt: Elite RealPower CT Internet Wireless Rollentrainer – Update

  1. Hallo,
    kannst Du schon was über den Lärmpegel im Wohnzimmerbetrieb sagen?
    Bin gerade selbst am Überlegen Elite Real Power oder Taxc Genius.

    Gruß Rainer

  2. Hallo crazyeddie,
    ich möchte Deinen Artikel in Bezug auf den realpower insgesamt bestätigen; komme mittlerweile prima zurecht; nachdem ich mein K- Gewicht um 40 kg erhöht haben, kommt sogar das Tempo am Berg ganz gut hin; nur ist jetzt seit 2 Wochen ein Problem aufgetaucht mit dem ich nicht zu Rande komme: Die Touren mit GPS lassen sich nicht mehr fahren; es kommte die Meldung , dass ich einen neuen Google-Api-Key generieren müsse, bin dabei ziemlich hilflos, habe auch von elite noch keine Antwort bekommen;
    kannst du mir helfen.
    Schöne Ostern aus dem Ruhrgebiet
    derdoc

    1. ich wüsste jetzt nicht dass der bei elite ablaufen soll, aber wer weiß. hast du die software genau ein jahr in betrieb? die aktuelle beta der 7.0er software macht einen brauchbaren eindruck, ich schreibe da die tage noch was drüber. vielleicht solltest du die mal testen, das müsste das google-earth-problem auch beheben.

      ebenfalls frohe ostern!
      crazyeddie

    2. ich korrigiere mich, der brauchbare eindruck war nur ein oberflächlicher. ich habe jetzt nicht versucht eine einheit zu fahren, aber wirklich produktiv einsetzbar scheint das ganze noch nicht zu sein.

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